Distichon, das: Verspaar, das auch eine Strophe bilden kann. Das häufigste D. ist das elegische bzw. epigrammatische Distichon, das aus einem hexametrischen und einem pentametrischen Vers besteht und die Grundlage von klassischen Elegien und Epigrammen bildet. Diese Art des D. fand in der deutschen Lyrik vor allem in der Weimarer Klassik Verwendung; bekannte Beispiele von Sammlungen mit D.n sind die Xenien von Goethe und Schiller und die Venezianischen Epigramme Goethes.


Beispiel:

Ruhig saß ich in meiner Gondel, und fuhr durch die Schiffe,
Die in dem großen Kanal viele befrachtete stehn;
Jede Ware findest du da, für manches Bedürfnis,
Weizen, Wein und Gemüs, Scheitholz und leichtes Gesträuch;
Schnell drang die Gondel vorbei, mich schlug ein verlorener Lorbeer
Derb auf die Wangen, ich rief: Daphne verletzest du mich;
Lohn erwartet ich eher! die Nymphe lispelte lächelnd:
»Dichter sündigen nicht schwer, leicht ist die Strafe, fahr hin.«

(Johann Wolfgang von Goethe: Fünftes Venezianisches Epigramm)

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